Samstag, 28. November 2015

#46 Nicht alles Ponyhof...

Mein Auslandsjahr ist definitiv eine insgesamt gute und schöne Erfahrung, jedoch ist es auch hier nicht "alles Ponyhof". Ich habe letzte Woche auf unserem Trip mich natürlich viel mit den anderen über Momente, Erfahrungen, Unterschiede, und alles mögliche unterhalten,  und festgestellt, dass es im Endeffekt bei den meisten Fällen uns allen Austauschschülern genau gleich geht. Ich stelle fest, dass ich wirklich sehr viel Glück mit dem meisten habe und besonders viele gute Momente.
Von Anfang an war klar, dass dieses Jahr ein Wirrwarr aus Hochs und Tiefs werden würde,  zum Glück überwiegen bei mir die Hochs. Aber ich habe nun auch einfach mal das Bedürfnis, mich hier über einige Dinge auszulassen, ohne dass ich irgendetwas böse meine. Einfach nur mal rauslassen :-) Keine Sorge also!

Das definitiv nervigste ist die Schule am Nachmittag. Auf den ersten Blick mag das vielleicht noch ganz nett wirken, jeden Tag ausschlafen zu können. (OK ist es zugegebenermaßen sogar ein bisschen, aber das ist echt der einzige Vorteil) Aber ansonsten zerstört es den gesamten Tag. Vormittags gibt es hier nicht wirklich viel, was man machen kann, also hat man vormittags ein bisschen Zeit, bis man dann Mittag ist und zur Schule geht. Das meiste an Aktivitäten findet am späten Nachmittag statt, während wir brav in der Schule sitzen müssen. Wenn man dann abends Schluss hat, ist man müde und verbringt dann den Abend zu Hause bis man dann irgendwann ziemlich spät zu Abend isst.
Ich habe einfach das Gefühl, sehr viel Zeit Zuhause zu verbringen, und sie totzuschlagen. Das kann schon frustrieren.
Generell komme ich mit dem hiesigen Tagesablauf hier nicht allzu gut klar. Ich habe mich ihm angepasst und kann für ein Jahr auch damit leben, aber mein ganzes Leben würde ich nicht so verbringen wollen. Ich lebe ihn gut mit und manchmal mag ich ihn sogar, aber in mir drin bin ich doch nicht mit ihm zufrieden. Also erstmal fehlen mir so ein bisschen die festen Essenszeiten, und man isst hier auch immer erst so spät abends. Zur deutschen Abendbrotszeit isst man hier die Merienda, wann ich immer total Hunger habe und dann auch etwas mehr esse und ein paar Stunden später gibt's dann schon wieder Abendessen.
Die Argentinier sind keine Morgenmenschen, sondern leben eher nach dem Motto des Tages zur Nacht machen. Auch wenn ich mich anpasse, bin ich tief in mir drin einfach doch ein früher Vogel. Natürlich ist es entspannt bis 10 oder 11 Uhr zu schlafen und dann noch gemütlich bis 12 oder 1 mit dem Handy im Bett zu sitzen, aber wenn ich dann an die schönen Sonntagmorgen mit Mama um 8 am Frühstückstisch denke, oder wie ich manchmal um 12 vom Stall schon wieder heimkam, dann frustriert mich das hier etwas.
Das liegt definitiv auch an meiner Schwäche der "Ich-muss-produktiv-sein-und-was-erledigen-Sucht", aber ich habe hier fast nichts zu erledigen und das ist total seltsam für mich...
Und dann die immer langen Nächte, wo man erst so spät ins Bett geht, obwohl man eigentlich eh nur rumhängt... Ach nein, ich bin echt ein Morgenmensch.
Aber mittlerweile habe ich mich in so weit dran gewöhnt, dass mir die morgendliche Produktivität verloren gegangen ist. Aber nach wie vor habe ich sie am Abend auch nicht. Gott, bin ich Deutsch, dass ich mit so etwas ein Problem habe.
Und genau das gibt mir dann plötzlich das Gefühl, hier doch nicht so richtig reinzupassen. Ich lebe zwar das alles hier mit, aber merke halt doch, wie anders ich bin in meinen Grundeinstellungen. Ok, ich glaube das ist ganz normal und ok, ich bin ja einfach keine argentina sondern alemana worüber ich auch zufrieden bin. Trotzdem manchmal schwierig.
Das sind so die Sachen, mit denen ich die größten "Probleme" habe. Natürlich gibt es noch viele andere Dinge, die mir hier fehlen. Am meisten vermisse ich (abgesehen von euch natürlich fehlt ihr mir) meine Routine, bzw einfach irgendwie einen routinierten Alltag zu haben. Dann fehlt mir das gesunde deutsche Essen von Zuhause, einigermaßen gesund zu leben kostet hier deutlich mehr an Anstrengung. Mir fehlt natürlich das Reiten. Und das kühle Wetter, haha, der Sommer hat ja noch nicht mal angefangen. Aber das alles ist nicht so wild. Schließlich kann ich mein ganzes Leben in Deutschland verbringen, aber hier in Argentinien habe ich nur ein Jahr, also sollte ich alles bestmöglich genießen.
Manchmal fällt mir auch einfach auf, wie anders ich so manches machen würde/möchte,  aber hey, jeder ist eben wie er ist.

Und was mich noch mega annervt ist, dass hier fast alles so verdammt viel Geld kostet! Ist schon sehr traurig, wenn man weiß, wie günstig man das alles in Deutschland bekommen könnte. Ne Tafel Schokolade kostet hier mindestens das doppelte, ne ganz einfache Haarbürste umgerechnet 4 € und für ne simple Bodylotion oder Zahnpasta blättert man auch mal locker 5 € oder mehr hin. Summiert sich alles. Aber naja, ich komme mit meinem monatlichen Geld gut aus, es ist nur doof so viel ausgeben zu müssen und dabei ganz genau zu wissen wie viel billiger alles in Deutschland ist.
Die größte Frechheit ist die argentinische Post. Mal ganz abgesehen davon, dass nix innerhalb der angeblichen 15 Tage ankommt (ok damit war zu rechnen, aber einmal hat n Brief über 2 Monate gebracht!), bezahlt ihr von Deutschland aus 80 Cent für nen normalen Brief. Und mir knüpfen die hier 37 pesos ab!!! (Offizieller Kurs ist €:$ 1:10, also 3, 70 €!) Und dabei macht die Karte doch den exakt gleichen verdammten Weg! Das frustriert schon ziemlich. Aber ich werde trotzdem hier und da mal was schicken.

So, wieder einmal ein ziemlich chaotischer Blogeintrag. Aber das spiegelt den (Gefühls-)Alltag von uns Austauschschülern nur zu gut wieder.

Was für Idioten diese Austauschschüler, stürzen sich Hals über Kopf ins einjährige Gefühlsgewitter...

Macht euch keine Sorgen, nach wie vor läuft hier alles gut. Und hey, wer hat schon das perfekte Leben?! Das sind die Herausforderungen, an denen wir wachsen.

Ich denke an euch, ihr werdet geliebt und vermisst. Besos de Córdoba, wo es nun echt warm wird und der Sommer in den Startlöchern steht.
Inken♥

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